Malaysia als Reiseziel
– Teil 2 –
„Die Rückkehr“ oder auch „Einführung eines Neulings in die Tropen“
Es war so weit, 2014 und es sollte wieder zurückgehen nach Malaysia. 2 Jahre war mein erster Ausflug zusammen mit Christian Klein nun schon her und noch immer denke ich, trotz der Anstrengung voller Begeisterung daran zurück.
Jetzt sollte es endlich wieder losgehen, zusammen mit Christian Klein und Martin Stöckel wollten wir unseren gemeinsamen Freund Stephan Glied in die Tropen einführen.
Los ging es am 19. Januar vom Flughafen Frankfurt aus mit Etihad über Abu Dabi nach Kuala Lumpur. Nach einer ersten Nacht in der Nähe des Flughafens sollte es dann zur besseren Akklimatisation mit dem Mietwagen in die Cameron Highlands gehen. Bereits auf dem Weg zu unserer Unterkunft in der Nähe von Ringlet gab es einige Zwischenstops zur entspannten Straßenrand Botanisierung. Neben den üblichen Verdächtigen an Farnen, Orchideen und Nutzpflanzen (Jackfrucht, Bananen, Kautschuk) fanden wir so auch einige Amorphophalus direkt an der Böschung der Straße.
Besonders beeindruckend war das plötzliche Zurückfedern Christians, als dieser durch ein von ihm unbemerktes Netz einer Nephila (Radnetzspinne) hindurchgehen wollte. Weder Spinne noch Netz ließen sich dabei durch die Masse des großen Europäers beeindrucken, welcher hier zwischen den Bäumen vorwärts zu kommen versuchte.
Am Folgetag sollte Stephan dann erstmals die typische Mosswald Luft am Gunung Brinchang schnuppern. Auf dem Weg hielten wir aber noch an der örtlichen Schmetterlings Farm an, um uns einen kleinen Einblick in die örtliche Insektenwelt zu verschaffen bevor es durch die Teeplantagen von Boh Tea endlich in den „Urwald“ gehen sollte. Über einen Holzsteg ließen sich hier einige N.macfarlanei Hochkannen erspähen, welche durch ihre Cremeweise Farbe besonders herausstachen. Etwas abseits des Weges fanden sich dann auch die deutlich unscheinbareren dunkel gesprenkelten Bodenkannen.
Bei unserem Halt an der Schmetterlings Farm hatte Martin uns dann in weißer Voraussicht für den kommenden Tag einen Guide für eine Insekten-Tour organisiert. Dieser sammelte uns am frühen Morgen an unserer Unterkunft auf und nach einer kurzen Fahrt ging es an einigen einfachen Pfahlbauten der Orang Asli (Ureinwohner) einem Wasserlauf folgend in den Wald. Die eigentliche Tour sollte sich aber leider als recht enttäuschend herausstellen, denn allen Bemühungen unseres Guides zum Trotz fanden wir nur einige wenige Heuschrecken, Käfer Zikaden und Stabschrecken. Ein Pärchen hübsch gefärbter Farn-Stabschrecken sollten hierbei der einzige Höhepunkt der Tour bleiben.
Zurück an den Pfahlbauten der Orang Asli fand sich auch schnell eine Erklärung für unseren Misserfolg. Wie es schien, besserten sich die Einwohner der Hütten durch den Schmetterlings und Insektenfang ihr karges Einkommen auf. Der Dorfälteste zeigte uns stolz eine große Dose, gefüllt mit zahllosen toter heimischen Schmetterlingen, darunter auch viele Vogelflügler, und bot uns diese zum Kauf an. In einigen leeren Flaschen fanden sich dann auch noch ein lebendes Exemplar eines großen Nashornkäfers, eines noch größeren Bockkäfers und zwei wirklich beeindruckende große Stabschrecken.
Wir entschlossen uns, diese lebenden Tiere für ein Fotoshooting an unserer Unterkunft mitzunehmen und anschließend wieder frei zu lassen (bitte keine Diskussion über die Sinnhaftigkeit darüber, auch uns ist klar, dass dadurch eher der Anreiz geschaffen wird diese Tiere weiterhin zu fangen!).
Bevor wir aber die Fotosession mit den Krabblern starten konnten, viel uns aber auf dem Rückweg zu unserem Hotel noch ein direkt am Straßenrad gelegener Standort von N.albomarginata in die Augen, deren Ranken vor allem die örtlichen Strommasten und -leitungen zum klettern zu nutzen schienen.
Nach diesen ersten Tagen, an denen wir uns an die Luftfeuchtigkeit und Temperaturen der Tropen gewöhnen konnten, ging es für uns nun weiter nach Kota Kinabalu auf Borneo. Hier sollte uns unser Guide Mike Miki, welchen wir bei unserer ersten Tour bereits kennen gelernt hatten, wieder in Empfang nehmen, Ziel: Marai Parai.
Die hierfür benötigten Permits werden vom Kinabalu Park nur sehr begrenzt ausgegeben, maximal 20-30 Personen pro Jahr (!) erhalten Zutritt zu diesem für Nepenthes-Liebhaber sehr interessanten Flecken an der Westseite des Mt. Kinabalu.
Der Zugang erfolgt, praktischerweise, über das Heimatdorf unserer Guides, Kiau. Hier hatte uns Mike für die erste Nacht in einem Resthouse der örtlichen Kirche einquartiert. Nach einem gemeinsamen Abendessen wurden wir dann auch Zeuge, was Martin bei solchen Touren alles an Zeug mit sich herumschleppt. Sobald es anfing zu dämmern packte er nämlich eine UV Lampe mit dazugehörigem weißen Schleier und eine Autobatterie aus seinem riesigen Rucksack und machte sich daran die Anlage zum anlocken von Insekten aufzubauen.
Hier, abseits von störendem Streulicht der Städte, sollten wir dann auch einen deutlich besseren Einblick in den Artenreichtum der Insektenwelt Borneos erhalten. Neben Nachtfaltern, Schwärmern und einem Hirschkäfer fanden sich auch 3 verschiedene Arten von Gottesanbeterinnen ein, welche die von uns angelockten Insekten zum Festmahl nutzen.
Am nächsten Morgen ging es dann aber auch endlich los. vorbei an den Ananas- und Reisfeldern der Dorfbewohner ging es bei klarem sonnigen Wetter in den vergleichsweise recht dichten Wald des Kinabalu Nationalparks mit seine zur Rast einladenden Gebirgsflüssen und den weniger einladenden Rattan-Ranken und Landblutegeln…
Als erste Art sollten wir auf unserem Weg auf Nepenthes tentaculata treffen, welche hier mit grüner Grundfarbe und rötlichbraunen sprenkeln und leichte gestreiftem Peristom vorkommen. Sobald eine gewisse Höhe erreicht wird und die Vegetation zurück geht, findet man aber auch direkt die ersten Nepenthes rajah.
Nach einigen Kilometern erreicht man dann eine große, durch einen Erdrutsch verursachte, offene Fläche auf der das Camp aufgeschlagen wird. Hier angelangt findet man dann rum um das Camp neben zahlreichen Nepenthes Arten (rajah, burbidgeae, zakriana, tentaculata und vereinzelten edwardsiana) auch einen der wenigen Standorte von Drosera ultramafica! Durch den Erdrutsch begünstigt können diese hier auf dem feuchten Substrat der offenen Fläche im vollen Sonnenlicht sehr gut gedeihen.
Besonders interessierte uns dann aber doch die hier vorkommende Population an N.edwardsiana. Im Gegensatz zu den Pflanzen, welche ich am Tambuyukon 2 Jahre zuvor gesehen hatte, zeigten sich hier überwiegend grüne und gelbliche Farben an leicht schlankeren und längeren Kannen. Tiefrote Kannen wie am Tambuyukon konnten wir hier kaum finden.
Leider hatte Stephan aber den Einfluss der Temperaturen und Luftfeuchtigkeit auf den Körper unterschätzt (Dehydrierung!), so dass wir gezwungen waren nach einer Nacht im Camp die Zelte wieder abzubrechen und den Rückweg anzutreten. Als Erholungsort sollte uns hier Mike‘s Survivalcamp dienen, welches etwas außerhalb des Dorfes im Wald liegt.
Während Stephan hier also versuchte den Wasserhaushalt seines Körpers unter Kontrolle zu bekommen bekamen Martin, Christian und ich eine Einweisung ins Fallenstellen, Flechten von Palmmatten, und den Umgang mit dem Blasrohr vermittelt, bevor es nach einer mehr oder minder erholsamen Nacht wieder zurück nach Kota Kinabalu ging.
Von hier aus stand uns nun unsere zweite größere Urwald-Tour bevor. Mit der Hilfe von Chien Lee hatte ich uns einen Transport nach Lawas in Sarawak organsiert, dort wurden wir dann am 30.Januar von Agong mit seinem Allrad Jeep abgeholt um über Bakelalang ans Lepo Bunga Camp, dem Startpunkt für den Gunung Murud, gefahren zu werden.
Entlang der Strecke, einer stark frequentierten Holzfällerstraße mit sehr großem Verladeplatz der gefällten Bäume, bekamen wir von Agong die Abläufe des Naturschutzdenkens in Sarawak vermittelt. Frei übersetzt erzählte er uns:
„Zuerst vergibt die Regierung Lizenzen an reiche (meist japanische od. russische) Holzfällerunternehmen, welche beginnen die Edelhölzer in den Wäldern zu schlagen. Für den Abtransport der Stämme werden erste Sand- und Schotterstraßen angelegt, welche dann von Städtern genutzt werden im Wald auf die Jagd zu gehen. Nachdem dann alle großen Bäume gefällt und ein Großteil des Großwilds erlegt ist beschließt die Regierung das Ganze zum Nationalpark zu erklären.“
Gelebter Artenschutz vom Feinsten!
Trotz dieser ernüchternden Erzählung und den Bildern des Holzfällerlagers im Hinterkopf, an welchem wir vorbeigekommen waren, ließ es sich Agong nicht nehmen uns auf unserem Weg die hier vorkommenden N.reinwardsiana und N.vogelii zu zeigen. (Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob dir dort gesehenen Pflanzen wirklich Nepenthes vogelii waren oder ob es sich um irgendetwas anderes gehandelt hat)
Nach einer Nacht im Lepo Bunga Camp sollte es aber jetzt doch losgehen, auf zum G.Murud mit seinen beeindruckenden Nepenthes!
Als ersten Vertreter trafen wir hier auch wieder auf die in Borneo weit verbreiteten N.tentaculata und mit Überwinden des ersten Anstiegs und Erreichen des zum Church Camp führenden Holzsteges auch Nepenthes lowii mit den arttypischen kloschüsselförmigen Hochkannen. Von N.muluensis und N.murudensis gefolgt brannten wir aber darauf vor allem eine Art hier oben zu finden: N.mollis (damals noch N.hurreliana).
Das hochgezogene, breite und gestreifte Peristom der Kannen erinnert etwas an N.veitchii und macht diese Kannenpflanzenart zu einer, für mich, ganz besonders reizvollen und beeindruckenden Pflanze! Nach zahllosen Fotos und halbwegs Blutegelfreien Kilometern sollten wir auch bald im Church Camp eintreffen.
Zur Erklärung: Der Gunung Murud gilt bei der (überwiegend christlich missionierten) Bevölkerung als heiliger Berg, an dem es wohl schon einige Mariensichtungen und Wunder gegeben haben soll. Alle paar Jahre pilgern die Gläubigen auf den Berg, um dort oben ihre Gottesdienste zu feiern. Um diese große Gruppe von Pilger aufzunehmen, wurde das Church Camp gebaut. In mitten eines Sphagnum Sumpfes hat man hier praktisch ein komplettes Dorf samt Kirchenhalle aufgebaut, welches den Rest der Zeit völlig leer steht.
Eine der dortigen Hütten sollte auch uns für die Nacht als Unterkunft dienen.
Aber zuerst ging es daran das Umland rund um das Camp zu erkunden! Neben den bereits unterwegs gefundenen Nepenthes Arten gab es hier auf der offenen Moosfläche viele interessante Farne und Orchideen zu finden. Ganz besonders freuten wir uns aber über eine Echse, welche in der hier herrschenden Kälte keine wirkliche Chance gegen uns hatte. Schnell war sie von dem Holzpfosten `gepflückt´ und zum Fotoshooting ins Moos gesetzt, in welchem sie auf Grund ihrer Färbung und der Stachligen Schuppenfortsätze perfekt getarnt war. Noch mehr überraschte uns die männliche Echse (erkennbar an einem kleinen gelben Kehlsegel) aber als sie drohend ihr Maul öffnete, dessen Innenseite und tiefblau entgegen leuchtete.
Ein weiteres Highlight sollte Martin am Abend dann gelingen, als er am Dorfrand wieder seine Insektenfanganlage aufgebaut hatte. Es gelang ihm hier oben in der Abgeschiedenheit tatsächlich den größten Falter der Welt, Attacus atlas, anzulocken und einige Bilder zu schießen.
Die Nacht im Church Camp selbst war für uns eine der schlimmsten Erfahrungen, die wir bisher auf unseren Touren erlebt hatten. Ohne Kamin ausgestattet war die 1-Zimmer-Hütte extrem schnell eine große Räucherkammer, in der man kaum Luft bekam. Hinzu kamen die durch unsere Anwesenheit angelockten Ratten, welche man durch die ganze Hütte trippeln hörte. Für mich besonders vor dem Einschlafen ins Gedächtnis eingebrannt: trippelnde Rattenschritte… einer der Guides wacht auf… Schlag Geräusche (ob Gewehrkolben oder größerer Stock war nicht zu identifizieren) … das Aufschreien der getroffenen Ratte (vertrieb Gott sei Dank die restlichen Ratten)… dann das Anreisen eines Streichholzes und der Gedanke: „der wird doch jetzt nicht die Ratte essen?!“
Übermüdet konnte ich am kommenden Morgen aber feststellen, dass der Guide sich wohl lediglich einen Tee oder Kaffee gekocht hatte, denn die erschlagene Ratte lag noch immer neben der Feuerstelle.
Diese Erfahrung und das schlechte Wetter (es hat wie auf Kübeln geschüttet) trieb uns aber dazu unseren Aufstieg auf den eigentlichen Gipfel abzusagen und direkt umzukehren. Auf eine weitere Nacht wie diese hatte von uns keiner mehr so recht Lust und so beschlossen wir, ohne im berühmten Rock Garden gewesen zu sein, uns auf den Rückweg zu machen.
Auf unserem Rückweg nach Kota Kinabalu hielten wir noch einmal an dem von Chrisitan und mir zwei Jahre zuvor besuchten Tieflandstandort mit N.ampullaria, N.rafflesisana und N.gracilis in der Nähe von Beauford. Die hier herrschende Vegetation war mittlerweile zwar deutlich höher und dichter gewachsen, trotzdem konnten wir noch leicht alle vorher gesehenen Arten wiederfinden.
Unsere letzten Tage ließen wir dann entspannt und ohne weitere Karnivoren Exkursionen ausklingen. Für denjenigen, der mit weniger Karnivoren-Besessenen unterwegs sein sollte und ein alternatives Rahmenprogramm sucht hier einige Beispiele:
– vom Jesselton Point Anleger in Kota Kinabalu lassen sich in kurzer Zeit die Inseln vor Kota Kinabalu erreichen. Diese laden mit ihren Stränden zum schwimmen ein und es lassen sich beim Schnorcheln noch einige Fischen und Korallen finden. Meine Inselempfehlung:
Mamutik. Zwar die kleinste Insel, dadurch aber nicht so mit Touristen überlaufen wie die größeren Inseln und ein deutlich saubererer Strand – meist über die Hotels lassen sich Touren nach Klias buchen um dort dann mit dem Boot durch die Mangroven zu fahren und Nasenaffen zu beobachten. Oft in Kombination mit einer weiteren Bootstour nach dem Abendessen um in den Bäumen am Ufer dann massig Glühwürmchen zu sehen.
Abschließend möchte ich anmerken, dass die Tour trotz aller Widrigkeiten, die zu vorzeitigen Abbrüchen geführt haben, Pflanzentechnisch für mich doch als Erfolg zu verbuchen ist. Auf jeden Fall ist die Lust auf mehr nach wie vor vorhanden und es gibt noch einige weitere sehenswerte Ziele und Berge, doch dazu mehr im nächsten Teil 😉